Residenzen 

10. – 27. September 2022

Während Evelyn Möckings und Daniel Nehrings künstlerischen Residenz im September 2022 sind zwei großformatige Skulpturengruppen sowie zahlreiche Handzeichnungen und digitale 3D-Modellierungen entstanden. 

Die beiden in Düsseldorf lebenden Künstler:innen verbrachten drei Wochen auf dem Gelände von „Dahms Wirtschaft, Handlung, Kunstbetrieb“, lernten dabei das beschauliche Geestdorf Littel kennen und knüpften Kontakte in die Nachbarschaft. Inspiriert von der durch Landwirtschaft geprägten Umgebung und den während ihres Aufenthalts um sich greifenden Umbauarbeiten im Hauptgebäude entwickelten die beiden Arbeiten, die eng mit dem Raum und ihrer Aufenthaltszeit verbunden sind.

Daniel Nehrings Objektgruppe Spuk besteht aus drei ortstypischen Strohballen in lebensgroßer Zylinderform, die komplett in hellgrüner Folie gefasst sind. Platziert auf einem großen Stück ungenutzten Rasen auf Dahms‘ Gelände sorgen sie für beiläufige Irritation – auf der einen Seite neigt man im Ländlichen aufgrund der typischen Seherfahrung dazu, einfach hinzunehmen, dass diese Ballen auf einer Wiese stehen. Auf der anderen Seite sorgen der perfekt gemähte Rasen des Privatgeländes und die zur Fläche doch unverhältnismäßige Größe der Ballen für Verunsicherung.

Am Abend zeigt sich die Gruppe dann noch einmal anders: in der Dämmerung beginnen die Objekte von sich aus zu leuchten – in der Dunkelheit erschwacht das von ihnen ausgehende Licht dann wieder. Eine geisthafte Erscheinung eines doch für die örtlichen Betrachter:innen alltäglichen Objekts.

Portraits Evelyn Möcking und Daniel Nehring; Foto: Gregor Guski

Objektgruppe „Spuk“, Zeichnungen und Installation „Ich sehe was, was du nicht siehst“, bei Dahms, 2022

Ich sehe was, was du nicht siehst heißt die Installation von Evelyn Möcking im ehemaligen Einkaufsladen des Hauses. Dabei arbeitet die Bildhauerin aktiv mit der existierenden Baustelle im Raum, dem dort in der Zwischenzeit angesammeltem Unrat und dem Mobiliar anderer Räume, das hier während der Umbauphase gelagert wird.

Mal monströs getürmt, mal zurückgenommen flach an der Wand, mäandern großformatige, weiße Folien, bedruckt mit bunten Pastell- und Polychromos-Zeichnungen durch den Raum. Das Gerüst für die Objekte bilden die Fundstücke, die Möcking vor Ort vorfand. Die komplexen Darstellungen aus Farbe, Linie und geometrischen Formen gehen auf kleine Handzeichnungen zurück, für die sie wiederum Material wie Zollstöcke, Malergitter oder Besteck aus dem Betrieb als Schablonen nutzte.

Die modulare Installation wurde während des laufenden Cafébetriebs im nebenan gelegenen Saal aufgebaut – dazu gehörte auch das vorherige Ausräumen, Sortieren und Gruppieren in dem bis dato vorherrschenden Chaos. Möckings Abreit passt sich nun den Umständen an: Nach einem ersten Setting, dass von der Künstlerin selbst arrangiert wurde, können nun nach ihrer Abreise die Gastgeber:innen und Handwerker:innen die Installation an die herrschenden Bedürfnisse anpassen und neu anordnen.

Nehrings und Möckings Arbeiten agieren beide im Spannungsfeld von Verborgenem und Sichtbarem. Unter den von ihnen gestalteten Folien liegen die Materialitäten der Örtlichkeiten – nach Ende der Ausstellung wandern diese dann wieder zurück an ihre Orte: Die Ballen werden vom Landwirt wieder abgeholt und das Stroh im Winter an das Vieh verfüttert, Möckings Aufbauten werden zurück in ihre Einzelteile zerlegt und der alltäglichen Nutzung im Betrieb zugeführt – denn selbst der größte Spuk ist einmal vorbei!

Nähere Infos zu den beiden Künstler:innen und deren bisherigen Arbeiten: Evelyn Möcking: Website // Daniel Nehring: Website

März 2021

Während seiner Residenz im Kunstbetrieb Dahms diente dem in Bremen und Metz verorteten Künstler Matthias Ruthenberg der aufgrund der Corona-Krise geschlossene Dorfladen als Atelier und Ausstellungsfläche. Er bediente sich der Materialien, die dieser Raum hergab, wie Bodenplatten, Pappteller, ausrangierte Türen und Besteck und bemalte und beschrieb diese. Bei Spaziergängen durch das Dorf und die Geestlandschaft um Littel sowie Gesprächen über Dorftraditionen notierte er spielerische Verse, Poeme und Wortschöpfungen und ließ sie in seine Arbeiten einfließen.

Interessiert an alltäglichen Strategien des Verhüllens und Verbergens inspiriert Ruthenberg die Praktik des Weißelns von Schaufenstern leerstehender Ladenlokale als flüchtig aufgetragene Sichtbarrieren zur Abschirmung von (Nicht-)Geschehen im Inneren vor Blicken der Außenwelt. Daraus entwickelt er zwei großformatige Kreidebilder auf den beiden Laden-Fenstern, basierend auf mit der Farbrolle aufgebrachter weißer Kreidefarbe, die durch Linien und Buchstaben mit einem Pinsel gezielt wieder abgetragen wurde. Diese dadurch entstandenen Strukturen ergeben ein lesbares bzw. ästhetisch wahrnehmbares Werk als auch – bei näherem Herantreten – einen Einblick ins Innere.

Portrait Matthias Ruthenberg, Zeichnungen, Besteck, Tür,
Fotos: Nika Kramer (2022)

Ladenfenster Installationsansicht, Kreide auf Glas,
Fotos: Fred Dott (2021)

Unter dem Titel Leichte Arbeit, die Spaß macht (1) zeigt das linke Schaufenster eine Netzstruktur, zu der der Künstler durch das Hören von den sogenannten „Tuffels“, wie man auf Oldenburger Platt sagt,  bewegt wurde. Die gemeinhin als elastische Kartoffelsäcke bekannten Netze waren als Nahrungsmittelträger nie, und besonders nicht in Krisenzeiten, aus dem Sortiment des kleinen Lebensmittelgeschäfts der Familie Dahms wegzudenken. Sie stehen beispielhaft für die örtliche Landwirtschaft, die das Dorf Littel und die umliegenden Ortschaften besonders prägt. Das rechte Schaufenster zeigt eine Auswahl seiner Notate. Dorfchronik, Sportvereinsheft oder Anschreibebücher – Begegnungen, Anekdoten, Fotosammlungen: mal berührt, mal schmunzelnd, mal das Nicht-Verstehen hinnehmend wittert man bei der Lektüre von Ruthenbergs Notaten, mit welchem Fingerspitzengefühl er sich dem Ort künstlerisch genähert hat. 

Das Projekt wurde gefördert von der Oldenburgischen Landschaft mit Mitteln des Landes Niedersachsen.

Oktober 2020

SOLID.INSTITUTE

Künstlerinnengruppe bestehend aus Selina Baumann (CH), Romina Farkas (Berlin), Anneke Kleimann (Berlin), Margot Zweers (NL)

Pandemiebedingt auf 2023 verschoben.

Solid Institute. In thin Air, Schimmel Art Projects, Dresden 2018, vorn: Anneke Kleimann, Mü, 2016
hinten: Selina Baumann, Mudi, 2018
Foto: Anneke Kleimann